Berichtsheft als Stundennachweis: Ist das erlaubt?
Viele Auszubildende fragen sich, ob sie ihr Berichtsheft auch gleich als Stundennachweis nutzen können. Schließlich trägt man dort ohnehin täglich seine Anwesenheitszeiten ein. Die Idee, sich damit die doppelte Arbeit einer separaten Zeiterfassung zu sparen, klingt verlockend. Doch ist das rechtlich zulässig und in der Praxis sinnvoll? Wir bringen Licht ins Dunkel.
Zwei Dokumente, zwei unterschiedliche Zwecke
Zunächst ist es wichtig, die grundlegend verschiedenen Funktionen von Berichtsheft und Stundennachweis zu verstehen:
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Das Berichtsheft (Ausbildungsnachweis):
- Zweck: Es dient dem Nachweis der vermittelten Ausbildungsinhalte gemäß Ausbildungsordnung.
- Fokus: Inhaltliche Tätigkeiten, erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten.
- Rechtliche Grundlage: § 13 Satz 2 Nr. 7 Berufsbildungsgesetz (BBiG).
- Prüfung: Wird von der zuständigen Kammer (IHK/HWK) als Zulassungsvoraussetzung für die Abschlussprüfung kontrolliert.
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Der Stundennachweis (Zeiterfassung):
- Zweck: Er dient der lückenlosen Dokumentation der geleisteten Arbeitszeit (Beginn, Ende, Pausen).
- Fokus: Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG), des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) und des Mindestlohngesetzes (MiLoG).
- Rechtliche Grundlage: Arbeitszeitgesetz und ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), bestätigt durch das Bundesarbeitsgericht (BAG).
- Prüfung: Wird vom Zoll oder den Arbeitsschutzbehörden kontrolliert und ist für die Lohnabrechnung relevant.
Ist die Kombination rechtlich zulässig?
Ja, grundsätzlich ist es möglich, das Berichtsheft auch als Zeiterfassungsdokument zu nutzen, wenn es alle gesetzlichen Anforderungen an einen Stundennachweis erfüllt.
Das bedeutet, es müssen systematisch und lückenlos folgende Daten erfasst werden:
- Datum des Arbeitstages
- Genaue Uhrzeit von Beginn und Ende der Arbeitszeit
- Genaue Uhrzeit von Beginn und Ende aller Pausen
- Daraus resultierende Netto-Arbeitszeit
Viele Berichtsheftvorlagen (sowohl auf Papier als auch digital) sehen Felder für die tägliche Arbeitszeit von/bis vor. Wenn hier auch die Pausenzeiten exakt dokumentiert werden, kann das Dokument theoretisch beiden Zwecken dienen.
Warum die Trennung in der Praxis meist sinnvoller ist
Obwohl es rechtlich möglich ist, sprechen in der Praxis mehrere Gründe dafür, Berichtsheft und Stundennachweis getrennt zu führen:
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Unterschiedliche Aufbewahrungsfristen: Für die Zeiterfassung gilt eine gesetzliche Aufbewahrungsfrist von mindestens zwei Jahren. Für das Berichtsheft gibt es nach der Ausbildung keine gesetzliche Frist, es wird aber empfohlen, es für Bewerbungen aufzubewahren.
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Unterschiedliche Zugriffsberechtigte: Das Berichtsheft wird vom Ausbilder und der Kammer eingesehen. Der Stundennachweis ist eine Grundlage für die Personalabteilung (Lohnbuchhaltung) und kann vom Zoll kontrolliert werden. Diese unterschiedlichen Zielgruppen machen eine Trennung oft sauberer.
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Elektronische Zeiterfassungssysteme: Die meisten Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, ein System zur Arbeitszeiterfassung zu haben. In der Regel geschieht dies über Stechuhren, Chipkarten oder Software-Terminals. Als Azubi bist du in dieses System eingebunden. Deine dort erfassten Zeiten sind die rechtlich verbindlichen. Ein händischer Eintrag im Berichtsheft wäre dann nur eine Abschrift und somit doppelte Arbeit.
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Fokus des Berichtshefts: Das Berichtsheft soll sich auf die Inhalte deiner Ausbildung konzentrieren. Die Zeiterfassung ist nur ein formaler Rahmen. Eine Vermischung kann dazu führen, dass der eigentliche Zweck – die Reflexion deiner Lernfortschritte – in den Hintergrund rückt.
Sonderfall: Mobile oder externe Einsätze
Wenn du oft außerhalb des Betriebs arbeitest (z.B. auf Baustellen, im Außendienst), kann ein sorgfältig im Berichtsheft geführter Zeitnachweis als Grundlage für die offizielle Zeiterfassung dienen, falls es vor Ort keine Stechuhr gibt. Kläre dieses Vorgehen aber unbedingt mit deinem Ausbilder ab.
Fazit
Auch wenn es auf den ersten Blick praktisch erscheint: Das Berichtsheft primär als Stundennachweis zu sehen, ist der falsche Ansatz. Seine Hauptfunktion ist und bleibt der Nachweis deiner Ausbildungsinhalte.
In den meisten Betrieben wird deine Arbeitszeit ohnehin über ein separates, elektronisches System erfasst, was eine doppelte Buchführung im Berichtsheft überflüssig macht. Die Zeitangaben im Berichtsheft dienen dann eher der zeitlichen Einordnung deiner Tätigkeiten.
Konzentriere dich darauf, dein Berichtsheft inhaltlich aussagekräftig zu gestalten. Die korrekte Erfassung deiner Arbeitsstunden ist die Aufgabe deines Ausbildungsbetriebs, in die er dich einweisen muss.